Unsere Führungskräfte haben eine Vorbildfunktion und nehmen diese auch wahr.

Marcus Herrmann
CEO Arcadis Germany GmbH

Klare Regeln und jeder denkt mit

Arcadis Germany GmbH

Marcus Herrmann und Claudia Stausberg wissen, wie sich Beschäftigte für Sicherheit und Gesundheit sensibilisieren lassen. Der CEO und die Health & Safety Managerin der Arcadis Germany GmbH machen sich in dem Beratungsunternehmen für eine gelebte Präventionskultur stark, die klaren Prinzipien folgt.

Corona als Seismograph

Als Arcadis Germany gleich zu Beginn der Corona-Krise eine Taskforce ins Leben rief, war Claudia Stausberg vom Start weg mit dabei. Die Health & Safety Managerin Zentraleuropa teilt seither den virtuellen Tisch mit dem Top-Management. Das spiegelt die große Bedeutung der Themen Sicherheit und Gesundheit in dem Unternehmen, das für seine Kunden Beratungs-, Projektmanagement- und Ingenieurleistungen erbringt. Die Taskforce kümmerte sich nicht nur um ausreichende Internetbandbreiten für das Arbeiten aus dem Homeoffice und ermöglichte den Beschäftigten, Bildschirm oder Bürostuhl mit nach Hause zu nehmen.

Auch die sozialen Nebenwirkungen des Homeoffice wurden abgefedert – weil vieles zuvor bereits angepackt worden war. „Wir hatten zum Beispiel gemeinsam mit dem Betriebsrat und externen Partnern schon im Jahr 2019 begonnen mögliche psychische Belastung im Unternehmen zu analysieren“, erklärt Claudia Stausberg. Auf dieser Basis konnte sie nun ihren Kolleginnen und Kollegen manche in der neuen Situation wichtige Verhaltensweise ans Herz legen – etwa Bewegungspausen.

Vielfalt als Herausforderung

Aufgrund der Unternehmensstruktur stellen sich Arcadis beim Arbeitsschutz spezielle Herausforderungen. „Wir haben in unseren vier Geschäftsbereichen Infrastruktur, Wasser, Umwelt und Immobilien sehr unterschiedliche Tätigkeiten und Arbeitsmuster“, sagt CEO Marcus Herrmann. Sämtliche Kundenanforderungen und arbeitsschutzrechtlichen Grundlagen auf einen sinnvollen Nenner zu bringen, ist eine Herausforderung. Nicht zuletzt, weil die Gefährdungen auf der Baustelle und im Büro komplett andere sind.

Deshalb hat die internationale Planungs- und Beratungsgesellschaft Arcadis 2006 ein globales Arbeitsschutz- Managementsystem in Anlehnung an OHSAS 18001 eingeführt und ihren Arbeitsschutz anschließend spezifisch weiterentwickelt. Im Fokus: Kommunikation und Unternehmenskultur – und insbesondere ab 2009 diverse Methoden, die am Verhalten der Beschäftigten ansetzen. Seit 2015 verfolgt Arcadis einen verhaltensbasierten Ansatz beim Arbeitsschutz, der inzwischen auch zertifiziert ist. Parallel wird seit zwei Jahren ein Gesundheitsmanagement aufgebaut.

Ein Akronym und eine App

„Wenn neue Kolleginnen und Kollegen zu uns stoßen, höre ich oft, dass der hohe Stellenwert des Arbeitsschutzes im Vergleich zu ihren früheren Arbeitgebern ungewöhnlich sei“, sagt Claudia Stausberg. Sie greift zu einem Faltkärtchen, auf dem in großen Lettern das Wort „TRACK“ zu lesen ist. Dieses Akronym ist bei Arcadis seit 2009 weltweit in allen Niederlassungen bekannt und steht für „Think-Recognize-Assess-Control-Keep“. „Eine Last-Minute-Gefährdungsbeurteilung in fünf Schritten vor Beginn einer Tätigkeit im Arbeitsalltag“, nennt es die Health & Safety Managerin.

Stark verkürzt laute der Ansatz: „Erst denken, dann handeln.“ Arcadis hat das Thema Arbeitssicherheit systematisch in sein digitales Managementsystem integriert. So können die Beschäftigten über ein Tool Arbeitssicherheitspläne für ihre Projekte erstellen. Die damit verknüpfte Datenbank hilft Claudia Stausberg, Projektverantwortliche und Führungskräfte beim Erstellen von Gefährdungsbeurteilungen zu unterstützen. Beinahe-Unfälle lassen sich per App unkompliziert melden.

Dreiklang der Motive

Warum tut Arcadis mehr als gesetzlich gefordert ist? Marcus Herrmann spricht von einem „Dreiklang der Motive“:

„Es geht um gesetzliche Vorgaben, Markterfordernisse und unsere Verantwortung für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir profitieren im Wettbewerb von unseren Zertifizierungen – aber auch generell von unserem Verhalten in Sachen Arbeitsschutz.“

Lange Ausfallzeiten und die daraus folgende Mehrarbeit für das Team hätten zudem auch eine ökonomische Komponente. Zugleich sei das herausragende Arbeitssicherheitskonzept ein starkes Argument am Markt:

„Wären wir dort nicht so gut aufgestellt, hätten wir etwa im Öl- und Gassegment nicht solche engen dauerhaften Kundenbeziehungen.“

Regeln gelten für alle

In der Corona-Krise führte Arcadis beispielsweise die Pflicht einer Mund-Nasen-Bedeckung ein und begrenzte die Teilnehmerzahl für Meetings auf fünf Personen. Aber schon vor Ausbruch der Pandemie galten klare Regeln – für alle. „Unsere Führungskräfte haben eine Vorbildfunktion und nehmen diese auch wahr“, betont Marcus Herrmann.

Offener Austausch und Beteiligung sind in der Unternehmenskultur fest verwurzelt. „In Arbeitsgruppen wie der Corona-Taskforce diskutieren wir kontrovers. Aber das mündet in Entscheidungen und Regeln, die ohne Wenn und Aber gelten.“ Als Herrmann wenig später nebenan etwas holt, setzt er für den kurzen Weg über den Flur wie selbstverständlich seine Alltagsmaske auf. Claudia Stausberg lobt: „Unser Management unterstützt die Themen Sicherheit und Gesundheit vorbehaltlos.“

Safety (Moment) first

Der „Safety Moment“ ist ein wichtiges Instrument zur Sensibilisierung. Und eines mit maximaler Reichweite: Seit etwa zehn Jahren beginnt jede Besprechung bei Arcadis mit der kurzen Reflexion eines Aspektes aus dem Feld Sicherheit und Gesundheit. Das Prinzip: Jeder kann – aber einer muss. „Am Anfang dachten viele ‚Bitte bloß nicht ich’ und schauten nach unten“, erinnert sich Claudia Stausberg. „Inzwischen ist der Safety Moment etabliert, alle machen mit.“

Vor einem Jahr sei ein Mitglied des Führungskreises in einen Besprechungsraum gekommen – und zusammengesackt. „Am Boden liegend sagte er, lächelnd und offensichtlich gesund: ‚Ich habe einen Herzinfarkt. Was tut Ihr?’. Eine preiswürdige Aktion. Gute Vorschläge belohnt Arcadis mit einem Präsent oder Preisgeld – und mit Aufmerksamkeit. Die Urheberinnen und Urheber der besten Ideen und Aktionen werden mit einem auf globaler Ebene vergebenen Preis geehrt.

Arbeitsschutz? Alle denken mit

„Unsere Arbeitsschutz-Abteilung ist über Initiativen und Materialien sehr präsent“, sagt Claudia Stausberg. Sie und ihr Team, darunter zwei weitere Fachkräfte für Arbeitssicherheit, seien immer ansprechbar und unterstützten jederzeit. Sie forderten aber auch Eigeninitiative und Mitwirkung der vier Geschäftsbereiche ein. „Für den Geschäftsbereich Umwelt sind ganz andere Dinge relevant als für den Bereich Immobilien. Darauf haben wir zum Beispiel die Unterweisungen angepasst.“ Wobei darauf geachtet wird, dass ein Regelwerk nicht zu komplex wird. Die operativen Abteilungen steuerten das für ihre Praxis entscheidende Know-how bei. „Jede und jeder denkt mit und fühlt sich selbst verantwortlich.“ 2019 habe ein Mitarbeiter auf einer Baustelle einen sofortigen Baustopp erwirkt, weil er Zeuge einer gefährlichen Situation geworden war, erzählt Marcus Herrmann. Der Kunde habe sich später beim Arcadis-Management dafür bedankt. „Das haben wir intern geteilt“, sagt Herrmann, „um dieses couragierte Verhalten zu fördern“.

Kontinuierliche Aufgabe

Für das laufende Jahr hat Arcadis besonders die Feedbackkultur auf der Agenda. „Wir wollen positives wie negatives Feedback aktiv einfordern“, sagt Claudia Stausberg. „Unsere Broschüre dazu orientiert sich stark an den Inhalten der Kampagne‚kommmitmensch’.“ Die von der Marketing-Abteilung gestalteten Materialien unterstützen dabei. „Die Beschäftigten nehmen das gerne mit und geben es weiter.“ Arbeits- und Gesundheitsschutz sei eine kontinuierliche Aufgabe, sagt Marcus Herrmann. „Man darf nicht müde werden, das zu kommunizieren.“ Die Effekte spürt der CEO manchmal ganz unmittelbar. „Als ich neulich auf der Treppe vergessen habe, den Handlauf zu benutzen, hat mich eine Mitarbeiterin dazu ermahnt. Das finde ich toll. Es zeigt mir, dass unsere Anstrengungen sich lohnen und bei allen ankommen.“