Regeln sind nutzlos, wenn sie nur auf dem Papier stehen.
Thomas Illger
Arbeitspsychologe VBG
Was verstehen wir unter Kultur der Prävention?
Den verborgenen Spielregeln ...
Wenn wir von Unternehmenskultur sprechen, meinen wir die eingespielten Muster und kollektiven Verhaltensweisen, die sich im Laufe der Zeit eingespielt haben. Diese kulturellen Spielregeln sind nicht in den Statuten nachzulesen. Den Beteiligten sind sie oft gar nicht bewusst und nur Außenstehende, zum Beispiel neue Beschäftigte, bemerken sie sofort, vor allem, wenn sie anecken.
Trotzdem hat Kultur einen hohen Einfluss auf das Verhalten der Belegschaft. Sie prägt zum Beispiel wie man miteinander spricht, was in Entscheidungen wichtig ist, wie man mit Konflikten umgeht, wie gelernt oder geführt wird.
Die eingespielten kulturellen Muster haben natürlich auch einen Einfluss, wie im Unternehmen Prävention betrieben wird. Sie entscheiden mit, welchen Stellenwert Sicherheit und Gesundheit überhaupt haben: Wer kümmert sich im Betrieb um diese Themen? Sind Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz eine lästige Pflichtaufgabe oder ein wertschöpfendes Investment? Die kulturellen Gepflogenheiten haben auch einen Einfluss darauf, wie offen man miteinander über Fehler spricht oder Zweifel äußert, ob eine Arbeit sicher erledigt werden kann: Sind solche Einwände erlaubt? Oder macht man sich damit unbeliebt? Laden Führungskräfte dazu ein, sich auch kritisch zu äußern?
... auf den Grund gehen ...
Der Organisationspsychologe Edgar Schein erklärt Kultur mit dem Bild eines Eisbergs. Er unterscheidet zwischen drei Ebenen. An der Oberfläche sieht man nur einen kleinen Teil des Eisbergs. Hier befindet sich alles, was wir in einem Unternehmen konkret beobachten können: das Verhalten von einzelnen Personen, die Zahlen, Daten und Fakten oder andere sichtbare Artefakte wie Kaffeeküchen oder die Arbeitskleidung. Nicht nur Seeleute wissen: Der größte Teil eines Eisberges befindet sich unter Wasser und es ist riskant, diese Tiefenebenen unbeachtet zu lassen: Da ist zum einen die Ebene der nicht immer offensichtlichen Spielregeln, Strukturen und Strategien einer Organisation, die das sichtbare Verhalten an der Oberfläche jedoch erheblich prägen. Diese zugrunde liegenden kollektiven Muster fußen auf tiefliegenden, impliziten oder gar unbewussten Werten, Glaubenssätzen und mentalen Modellen, die sehr schwer zugänglich sind.
In Anlehnung an: Schein, E./Schein, P.: Organisationskultur und Leadership. Vahlen (2018)
... und wirksame Ansatzpunkte für Kulturentwicklung zu finden.
Das Eisbergmodell von Edgar Schein hilft, sinnvolle Ansatzpunkte für Kulturentwicklung zu finden. Es liefert auch ein gutes Bild, um im Unternehmen über Kulturentwicklung zu sprechen: Würde man die Tiefenschichten im Hauruck-Verfahren auftauen, können „toxische Einlagerungen“ freigesetzt werden und das ganze Gebilde in Gefahr bringen. Das Arbeiten an der Oberfläche hätte wenige Effekte, da es den Unterbau wenig tangiert.
Ein guter Ansatzpunkt liegt daher in der Mitte – bei den eingespielten, impliziten kollektiven Mustern und Regeln. Diese müssen gemeinsam in den Blick genommen werden: Welche erleben wir als hilfreich und sollten verstärkt werden? Welche erleben wir als hinderlich und sollten verändert werden?
Eine weitere Lehre aus dem Eisbergmodell ist die folgende: Kulturwandel entsteht nicht durch das Erstellen von oberflächlichen Leitbildern oder Infobroschüren. Wenn sie nicht zu den kollektiven Spielregeln passen, werden sie nichts bewirken und belächelt werden.
Die VBG unterstützt Unternehmen dabei, eine individuelle Bestandsaufnahme der eingespielten Kulturmuster vorzunehmen, die für Sicherheit und Gesundheit besonders relevant sind. Unsere Präventionsexperten geben Ihnen wertvolle Impulse für die Gestaltung betrieblicher Bedingungen, die positiven Einfluss auf Sicherheit und Gesundheit haben.
Wie ist es um Ihre Präventionskultur bestellt? Machen Sie den Test mit unserer Kurz-Analyse-Präventionskultur (KAP)!